Wo der Hammer hängt
- lucialaggner
- 25. März 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 23. Mai 2022
Als ich das erste Mal die Redewendung „Der Horizont endet beim Gartentürl“ gehört habe, habe ich gelacht und gedacht, den muss ich mir merken. War nicht schwer. Da war ich so um die zehn Jahre alt. Da merkt man sich alles sehr leicht, wie ich jetzt bei meinem Neffen feststelle. Memory gegen den. Frage nicht.
Ich mag so Sager ganz im Allgemeinen sehr gerne. Ich schätze es zum Beispiel, darauf hinzuweisen, dass jemand „weiß, wo der Hammer hängt“. Meine Schwester kannte zu meiner Verwunderung diesen Spruch nicht, versuchte ihn ein paar Tage lang einzuordnen und gab mir dann zu verstehen, dass sie es eben nicht verstehen würde. Sie meinte, sie würde den Hammer einfach erst mal lassen, wo er ist, denn sie wüsste nicht, wo sie ihn aufhängen solle, ohne dann zu vergessen, wo er hängt. Das ist ein Anfang, dachte ich mir. Oder vermutlich ist es sogar der entscheidende Punkt an der Sache. Wer wissen will, wo der Hammer hängt und ihn schon aufgehängt hat, verändert da nix dran. Erinnert mich an den Sager meiner anderen Schwester, die Zwillinge bekam und die „goldene Zwillingsregel“ aufstellte: „Nichts verändern, wenn alles passt.“
Mein Vater hat, als ich ein Kind war, alle Werkzeuge, vom Schrauber bis zum Inbus, auf eine Holzwand gehängt. Die Holzwand hatte allerlei Nägel drinnen, an denen man die Werkzeuge aufhängen sollte und ich durfte, alsbald das jeweilige Werkzeug an seinem angestammten Platz war, die Umrisse abzeichnen, damit ab sofort klar wäre, dass das jeweilige Werkzeug eben dort seinen Platz hätte. Bei meinen Eltern hängt folglich nicht nur der Hammer an seinem Platz, sondern auch das andere Werkzeug. Also das war zumindest früher so. Ich glaub, da ist inzwischen Unordnung reingekommen.
„Sitzt, passt, hat Luft“, hat mein Vater gerne gesagt, wenn wir etwas montiert haben und er befunden hat, dass die Montage erfolgreich verlaufen ist und das Event für abgeschlossen erklärt werden konnte. „Sitzt, passt, hat Luft". Ich mag den gern. Diese Trilogie an Feststellung hat was Solides, das auch sprachlich nochmal untermauert, wie stabil jetzt alles ist. Ich muss den Spruch wieder öfter verwenden. Tu ich selten. Kann daran liegen, dass ich im Prinzip nie etwas montiere. Ich weiß, wo der Hammer hängt, aber ich tu ihn dort nur ungern weg. Da halte ich es wie meine Schwester. Meine Partnerin ist bei uns für die Montagen zuständig oder, um es deutlich zu sagen, sie mag und kann es. Sie entlehnt den Hammer folglich oft von seinem angestammten Platz und tut ihn dann nicht zurück. Das ist, gelinde formuliert, etwas beunruhigend für mich.
„Wie heißt das Mittelstück vom Lampenschirm?“ - „Pensch“. Eine Mischung aus einer Frage und einem Sickerwitz. Mag ich auch gern. Wird unmittelbar gefolgt von: „Kennst du einen Spruch mit Vaterland?“ - „Der Vater land am Zaun und speibt“. Den bring ich wirklich nur, wenn der Abend Fahrt aufgenommen hat und die Runde passt. Der kann sonst irrsinnig unpassend sein. Das tut weh. Denen, die’s hören, und mir. Wenn er allerdings passt, dann ist er schon ein Knaller. Dann kann das richtig steil gehen und verlangt nach Fortsetzung. Da geh ich dann aber meistens in Anekdoten oder Geschichten über, weil so Aneinanderreihungen von Sprüchen und Witzen vollkommen untauglich für das Unterhalten von Menschengruppen sind. Das wird ganz schnell langweilig und ein Teil der Gruppe lacht irgendwann nur noch so nach. Deren Gesichter schlafen ganz langsam ein, die Gesichtsmuskulatur zwischen Unterkiefer und Jochbein erschlafft so derartig, dass man meinen könnte, die Personen fangen gleich mal zu sabbern an. So wie ein Pendel, das eben noch ausschwingt, aber definitiv die Ruhelage sucht. Das ist ganz bitter und es braucht für üblich eine Sternstunde des humoristischen Einfalls, um nochmal Schwung reinzubringen. In den Abend, in die Stimmung, in meinen Auftritt. Für üblich ist das aber eher das Ende und ein Paar, das schon gehen wollte, nützt die Gelegenheit zum Aufbruch. Bei ihr sieht man einen weißen Fleck am nicht vorhandenen Dekolleté ihres Rollkragenpullovers. Und ich denk, das ist dann schon eher Spucke.
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